Renate Jäger

Supervision, Beratung, Coaching

Begrüßungsrituale

Nachfolgend einige Grußformen, die sicherlich auf der ganzen Welt angewandt werden können, vielleicht aber nicht immer das Gefühl beim Gegenüber wecken, das wir erhoffen. Denn wie viele körpersprachlichen Signale sind auch Begrüßungsrituale stark regional geprägt. So wären zum Beispiel Engländer etwas befremdet, wenn man, wie man es als Deutscher gewohnt ist, auf sie zuschreitet und ihnen kräftig die Hand schüttelt. In England begrüßt man sich ohne Händeschütteln und mit größerer Distanz. Dahingegen werden sicher manche Südeuropäer über unsere Distanziertheit verwundert sein, da sie viel schneller dazu übergehen, Bekannte mit Umarmung oder Wangenkuß zu begrüßen.

Der distanzierteste Gruß ist sicherlich ein Blick in die Augen und ein leichtes Kopfnicken. Dies wird immer dann angewandt, wenn ungewiß ist, ob der Gegrüßte zu einem Kontakt bereit ist. Möglicherweise weiß einer der beiden noch nicht einmal genau, ob er den Anderen wirklich kennt.

Die nächste Stufe stellt das Winken dar, das von einem angedeuteten Handheben bis zu einer deutlichen Handbewegung variiert. Der Grund kann einerseits eine physische Distanz sein, die entweder durch äußere Umstände nicht verringert werden kann oder von den „Grüßern“ auch nicht geringer gewünscht wird. Die offene leere Handfläche jemandem erhoben zuzuwenden, funktioniert auf der ganzen Welt als Gruß, da man dem Gegrüßten zeigt, daß man keine Waffe in der Hand hält.

Ein vertrautere Beziehung schafft der Händedruck. Er ist in Europa als Begrüßungsform am gebräuchlichsten. Nur Menschen, mit denen man bereit ist, länger zu kommunizieren bzw. dazu gezwungen ist, wie z.B. Geschäftspartner, werden so begrüßt. Da man den Gegenüber in seine „persönliche Zone“ (Birkenbihl) eindringen lassen muß, sowie Körperkontakt zuläßt, zeigt man ihm sein Vertrauen und schafft eine gewisse Verbundenheit. Das Aussprechen von Begrüßungsformeln sowie das Lächeln stellen noch zusätzlich ein positives Verhältnis her.

Eine Umarmung findet meist nur zwischen Menschen statt, die entweder ein verwandtschaftliche Beziehung haben oder eine besonders freundschaftliche Beziehung pflegen. Allerdings kann man feststellen, daß die jüngere Generation diese Begrüßungsform wesentlich selbstverständlicher und öfter anwendet als ältere Generationen. Die Umarmung ist heutzutage unter jungen Leuten eine Begrüßungsform, die nicht unbedingt auf ein besonders enges Verhältnis hinweist.

Bei allen diesen Begrüßungsformen gilt, daß ein weites Öffnen der Augen, und damit verbunden ein Hochziehen der Augenbrauen und ein Lächeln dem Gegrüßten zeigen, daß der Grüßer nicht nur eine Formalität erledigt, sondern wirklich erfreut ist über ein Zusammentreffen.

Die Begrüßungsritual zwischen zwei oder mehreren Menschen dient dazu, dem Gegenüber seinen Status als akzeptierten Kommunikationspartner zu bestätigen. Es klärt außerdem das Verhältnis zwischen den betreffenden Parteien. In Bezug auf Begrüßungsrituale kann ausgesagt werden, daß hierbei ein komplexes Zusammenwirken einzelner Elemente der Körpersprache zum Tragen kommt:

z.B.: Kopfhaltung: zugewandt, abgewandt

Augen: offener Blick, gesenkter Blick, „lächelnde Augen“, „kühler Blick“

Hände/Arme: Umarmung, Winken, kräftiges oder schwaches Händeschütteln, verschränkte Arme

Mund: Lächeln oder Nicht-Lächeln

Die Beobachtung und Interpretation des Zusammenspiels dieser nonverbalen Mittel läßt Schlüsse auf das Verhältnis zweier Personen zu oder kann für mich selbst Hilfe sein, das Verhältnis eines Gegenübers zu mir einzuschätzen. Will er engen oder eher distanzierten Kontakt herstellen? Im Vorfeld einer Besprechung oder Verhandlung könnte das durchaus relevant sein.