Renate Jäger

Supervision, Beratung, Coaching

Die Hände

Die Hände sind das universellste Werkzeug, das die Natur im Laufe der Evolution hervorgebracht hat. Durch ihre Nutzung konnte der Mensch den technischen Fortschritt erreichen, den er heute hat.

Die Hände können einerseits zu Arbeiten benutzt werden, bei denen sehr viel „Fingerspitzengefühl“ erforderlich ist, wie kleinste Uhrwerke reparieren, andererseits kann man mit ihnen auch große Lasten bewegen.

Die Hand ist somit auch ein zur Körpersprache hervorragend geeignetes Mittel. Im Gegensatz zur Mimik ist es allerdings viel schwieriger, das „Spiel“ der Hände beim Sprechen zu unterdrücken.

Man kann sich mit ihnen gegen Angriffe jeder Art wehren, Vorwürfe zurückweisen und Probleme vom Tisch wischen.

„Für die Steuerung der Hände ist jeweils ein relativ großer Teil auf jeder Hirnhälfte verantwortlich. Allein Daumen und Zeigefinger beanspruchen, jeder für sich, mehr als das Zehnfache des Hirnrindenanteils, der für den Fuß zuständig ist, und mehr als der Kopf mit all seinen Sinnesorganen.“ (Birkenbihl)

Die linke Hand wird von der rechten Hirnhälfte gesteuert, die rechte Hand von der linken Hälfte. Daraus ergibt sich auch die Zuordnung der Hände zu bestimmten Denkweisen. So nennt man die linke Hand die „Gefühlshand“, da in der rechten Hirnhälfte hauptsäch­lich die assoziativen, irrationalen aber auch die kreativen Denkprozesse ablaufen. Da die linke Hirnhälfte eher für das logische, rationale Denken verantwortlich ist, kommt durch diese Hand zum Ausdruck, wenn jemand momentan besonders stark diese Hirnhälfte beansprucht. Möglicherweise trommelt er mit der rechten Hand ungeduldig auf dem Tisch, wenn er über eine schwierige Sache nachdenkt, die sein logisches Denken fordert.

Menschen, die Tätigkeiten bevorzugt mit der linken Hand ausführen (Linkshänder), wird oft eine besondere künstlerische Befähigung, und ein großes kreatives Potential nachgesagt.

Die Hände und die Arme haben in der Entwicklungsgeschichte eine bedeutende Schutzfunktion gehabt. Daraus entwickelt hat sich wahrscheinlich das Armeverschränken vor dem Körper. Man schließt somit seine Körpervorderseite. Dies geschieht zum Schutz der empfindlichen Bauchdecke gegen Angriffe, sowie gegen Kälte, da man die Gesamtoberfläche des Körpers verringert und weniger Wärme abgegeben wird. Somit kann man davon ausgehen, daß das Armeverschränken auch körpersprachlich oft ein Abwehrsignal darstellt. So ist wahrscheinlich, daß jemand, der sich zu Unrecht und überzogen von einem Vorgesetzten kritisiert fühlt, dieses Körpersignal sendet. Da der Kritisierte nicht mit Aggression antworten kann, zieht er sich hinter seinen körpereigenen Schutzwall zurück.

Allerdings gibt es Situationen, in denen Armeverschränken mit Aufmerksamkeitssignalen kombiniert ist. Menschen, die jemandem zuhören, beugen sich oft dem Erzähler entgegen, und haben dennoch verschränkte Arme. In solchen Fällen kann man davon ausgehen, daß der Zuhörer ein großes Interesse an dem Thema hat, sich aber „zurückhalten“ will, um den Erzählenden nicht zu unter­brechen.

Die Hand, die vor dem Mund liegt, hält eventuell „herausschlüpfende“ Worte zurück. Der Grübler brütet mit aufgestütztem Arm und zusammengezogenen Augenbrauen über einem Problem. Die Hand, oder auch nur ein Finger ruht dabei auf dem Mund oder streicht darüber, das Kinn einbezogen. Er möchte verhindern, daß ihm ein unüberlegtes Wort über die Lippen kommt, bevor er den Gedanken zu Ende gedacht hat.

Auch das erschreckte Hand-auf-den-Mund-schlagen, hat die gleiche Funktion. Hier allerdings meistens, wenn man bereits etwas ausgesprochen hat, was man nicht wollte und nun versucht, die Worte im letzten Moment noch „festzuhalten“.

Mit dem ausgestreckten Zeigefinger kann man jemanden auf etwas hinweisen oder ihn zurechtweisen. Das geschieht, wenn man in Richtung desjenigen, der zurechtgewiesen wird, mit dem Zeigefinger in die Luft sticht. Eine sehr bedrohliche, dominante und respektlose Geste. Die Anwendung führt in jedem Fall zu psychischem Unwohlsein bei der betroffenen Person, und darauf folgen Aggression oder ein „Verschanzen“ hinter verschränkten Armen mit gesenktem Kopf.

Wenn man jemandem auf die Schulter klopft, will man damit entweder Anerkennung oder emotionale Verbundenheit zum Ausdruck bringen. Hierbei muß man allerdings beachten, daß es zwei sehr unterschiedliche Arten gibt, dies zu tun. Wenn man von oben auf die Schulter klopft, drückt man den anderen sozusagen etwas herab und bringt Dominanz zum Ausdruck. Dadurch entsteht bei ihm daß Gefühl, von abgehobener Position aus gelobt worden zu sein, als ob ihm gesagt würde: „…fast so gut wie ich“. Wenn man seinem Gegenüber dagegen die Hand auf den Rücken oder Arm legt, wird dieses Verhalten ein viel positiveres Empfinden auslösen. Der Grund dafür ist, daß dadurch die Andeutung einer Umarmung entsteht.

Die Hände in den Taschen zu haben, bedeutet, daß man im Moment nicht das Bestreben hat, Tätigkeiten auszuführen. Dieses körpersprachliche Signal wird allgemein oft negativ bewertet, da es mit Respektlosigkeit gleichgesetzt wird. Meiner Meinung nach unbegründet. Denn es ist ja auch gleichzeitig ein „Friedensangebot“ – jemand, der die Hände in den Taschen hat, kann damit keine Angriffe starten, und begibt sich auch nicht in eine Verteidigungsposition wie jemand, der die Arme verschränkt. Menschen, die ungezwungen plaudern, haben dabei oft die Hände in den Taschen.

Abgespreizte Ellenbogen haben meist etwas Bedrohliches, da sie ja durchaus als Waffe zu gebrauchen sind. Jemand, der die Hände auf die Hüften gestützt hat, will meist darauf gefaßt sein, sich verbal zu verteidigen.

Gut zu beobachten bei Menschen, die selbst gern etwas sagen möchten, was mit großer Wahrscheinlichkeit unfreundliche Reaktionen ihrer Mitmenschen hervorruft. So etwa Rentner, die beobachten, wie Kinder ohne Rücksicht auf mögliche Fensterschäden Fußball spielen, und auf eine günstige Gelegenheit warten, sie zurechtweisen zu können.

Alle diese Signale können aber nicht isoliert voneinander betrachtet werden, um zu einer Interpretation der körpersprachlichen Aussage zu kommen.